#6 Jaipur
von Pati | 26 Oct 2023
Nach einer sehr turbulenten Fahrt zum Bahnhof, einer langen (und völlig überfüllten) Zugfahrt haben wir gut geschlafen. Am zweiten Tag in Jaipur überlegen wir gegen Mittag ausnahmsweise wieder etwas anderes außer Zwieback zu essen und wir versuchen uns im Hostel Maggi Nudeln zu bestellen. Da für uns die Bestellzeit schon vorüber ist, bestellt einer der Hostel Guys für uns. Als wir ihm das Geld zurückgeben wollen lehnt er ab und sagt nur: „i make a lot of money every day and you are my country (weil er bald vor hat, Österreich zu besuchen)“. Dann gibt er mir seine Hand und umarmt mich.
Nach dem Essen fühlen wir uns ausreichend gestärkt, um die Pink City zu erkunden. Mit dem TukTuk geht es vom Hostel bis in die Stadt durch dichten Verkehr bis zum Palast der Winde. Dort angekommen mischen wir uns unter die Menschenmassen, um auch ein Foto vom Palast zu ergattern. Danach spazieren wir gemütlich durch die Pink City, wobei gemütlich bei dem Stress, der in den Straßen der Altstadt von Jaipur herrscht sehr relativ ist. Auf dem Weg rund um den City Palace sehen wir einige Kuriositäten. Ein Wasserspender in Indien ist ein Mann, der hinter einem Gitter mit einer Kanne den durstigen Menschen Wasser in die Hände gießt. Crushed Ice, zum Kühlen von Lebensmitteln, wird aus riesigen Eisblöcken auf der Straße hergestellt und sogar eine kleine Parade mit einem Elefant, Kamelen, Pferden und Musikern zieht an uns vorbei. Wir überlegen, was wir noch machen können das uns nicht zu sehr anstrengt und uns fällt ein, dass es in Jaipur ein großes Kino gibt. Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zum Raj Mandir Cinema. Dort läuft momentan nur ein einziger Film. Dieser kommt uns aber leider eher gruselig vor und wird nur in Hindi angeboten. Daher machen wir uns doch auf den Weg zurück ins Hostel und essen eine weitere Portion Maggi Nudeln.
Am nächsten Tag machen wir uns nach dem Frühstück gemeinsam mit Max – unserem Zimmermitbewohner aus dem Hostel – auf den Weg zum Monkey Tempel. Max ist bereits seit 3 Wochen allein in Indien unterwegs. Während der Fahrt zum Tempel sind wir so ins Gespräch vertieft, als wir plötzlich merken, dass wir die einzigen auf der Straße sind. Das hatten wir noch gar nie erlebt und wir mussten erstmal nachsehen, ob der Weg, den der TukTuk Fahrer einschlägt, auch zum Tempel führt. Aber wir kommen an, müssen kurz noch 10 INR für die TukTuk-Parkgebühr zahlen und können dann den Tempel besuchen.
Im Tempel sehen wir zahlreiche Affen – von groß bis ganz klein ist alles dabei. Der gesamte Tempel ist schräg in eine Schlucht gebaut und wir gehen, wie wir es gewohnt sind, zuerst mal bis zum höchsten Punkt. Dort befindet sich aber schon wieder der Ausgang auf die andere Talseite. Also zurück. In der Mitte befindet sich ein kleinerer Teich in dem sich etliche Frauen waschen und ein spirituelles Ritual durchführen. Dabei halten sie sich ein Gefäß vor den Kopf und gießen sich Wasser vor die Füße. Weiter hinten sehen wir, dass mehrere Menschen anlässlich des indischen Feiertages Dussehra ihre Opfer bringen. Die meisten haben silberne Schalen mit Weihrauch und Blumen dabei.
Schluchtabwärts ist noch ein größerer Teich. Dort machen wir im Schatten eine Pause und sehen, begleitet von Flötenmusik, den zahllosen Affen beim Fressen und herumtollen zu. Wir sind froh, dass im Affentempel zum ersten mal nicht übertrieben viele Menschen sind. Da es uns immer noch nicht ganz gut geht und Max am Abend nach Pushka weiterfahren will, beschließen wir zurück ins Hostel zu fahren und dort in der Nähe etwas essen zu gehen. Im Restaurant, das Max vorgeschlagen hat, treffen wir dann noch auf eine weitere Reisende aus unserem Hostel und wir genießen mit den beiden ein entspanntes leichtes Mittagessen.
Da Max den Rest von Jaipur schon gesehen hat, beschließen wir uns zu zweit noch das Amber Fort anzusehen. Dort angekommen sind wir zum ersten Mal wirklich von der Schönheit Indiens beeindruckt. Das Fort ist sehr gut erhalten und alles ist sehr sauber. Als sich dann auch alle Tourguides überzeugen lassen, dass es uns egal ist, wenn wir „nur einen Spaziergang“ durch Amber Fort machen, erkunden wir etliche Gänge, Türme, Latrinen und riesige Außenanlagen.
Am späten Nachmittag treffen wir Eva, eine Neuseeländerin, auf der Terrasse. Sie erzählt uns, dass ihr am Vormittag auf den Straßen Jaipurs schwindlig wurde und ihr aber sofort ganz viele Leute zu Hilfe geeilt sind. Einer davon war Narendra, der sie dann mit dem Motorrad auch noch ins Hostel gebracht hat. Sie erzählt uns, dass er sie mit aufs Festival Dussehra nimmt und lädt uns ein mitzukommen. Wir kommen gerne mit und treffen uns gegen 18 Uhr mit Narendra vor dem Hostel. Bei der Fahrt zum Stadion erzählt er uns, dass sein Cousin auch kommen wird. Am Festivalgelände warten wir dann auf den Cousin von Narendra. Als er eintrifft, beschließen wir gemeinsam eine Runde mit dem Riesenrad zu fahren, um die Zeit bis zum Hauptakt zu überbrücken.
Uns ist zunächst nicht ganz wohl bei der Idee, da sich das Riesenrad mit einer immensen Geschwindigkeit im Kreis dreht und eher als Karussell genutzt wird (natürlich ohne jegliche Türen, Gurte oder sonstige Sicherungen), doch als wir einmal drinnen sitzen ist es richtig lustig.
Wir bekommen von unseren indischen Begleitern einige Hintergrundinformationen zum Dussehra Festival: Uns wird die Geschichte erzählt, dass Lord Ravana, König von Sri Lanka, den Sohn von Rama, König von Agra und Umgebung, entführt hat. Um ihn zurückzubekommen, stellt Rama eine Armee auf und gelangt über eine schwimmende Steinbrücke nach Sri Lanka. Dort dauert die Schlacht 10 Tage. Am 10. Tag tötet Rama den König Ravana. Daher wird auch traditionell am 10. Tag des hinduistischem Kalenders das fest Dussehra gefeiert und die Tage davor Navratri. Die Rückkehr aus Sri Lanka dauerte 20 Tage. Bei der Heimkehr des Königs wurde ihm der Weg erleuchtet. Daher wird Diwali heute 20 Tage nach Dussehra gefeiert.
Sehr viele Leute besuchen das Festival. Kurz bevor der Hauptakt beginnt, sehen wir so weit das Auge reicht in alle Richtungen nur noch Menschen. Es ist kaum mehr ein Platz frei. Wir werden immer wieder umzingelt und um Fotos gebeten – doch die beiden Jungs passen super auf uns auf. Immer wieder wechseln wir die Position, wenn es für uns unangenehm wird.
Als Hauptakt des Festivals wird ein riesiger Ravana-Nachbau mit einem Pfeil vom ehemaligen König von Jaipur in Brand gesteckt. Ein Riesenfeuerwerk geht von ihm aus und die ganze Figur steht in Flammen bis sie schließlich zusammenbricht – aus unserer Sicht schon etwas fahrlässig, denn der danebenstehende Baum brennt gleich mit, aber die Feuerwehr sieht das ganz entspannt. Danach gibt es auch noch ein riesiges Feuerwerk.
Dann sagen uns unsere zwei Begleiter dass wir besser gleich gehen sollten, denn sonst haben wir keine Chance mehr raus zu kommen. Inmitten einer riesigen, sich zum Ausgang bewegenden Menschenmasse führen uns die beiden wieder zu einer Rikscha und begleiten uns sogar noch bis zum Hostel.
Was für ein Abend. Wir können immer noch nicht glauben wie nett die beiden waren und sind sehr dankbar, dass sie uns diesen Einblick in ihre Kultur ermöglicht haben.