#23 Philippinen
von Pati | 11 Apr 2024
Von Bangkok aus fliegen wir auf die Philippinen, in die Hauptstadt Manila. Vom Flughafen aus machen wir uns zu Fuß auf den Weg zu unserem Hotel. Wir haben vorab die Empfehlung bekommen nicht in Flughafennähe zu übernachten, lassen uns davon allerdings nicht abhalten es doch zu tun. Während wir vollgepackt mit unseren Rucksäcken die überfüllten 4-spurigen Straßen entlang spazieren, erinnert uns das Treiben ein wenig an Indien. Die Häuser sind sehr heruntergekommen. Wahnsinnig viele Menschen stehen am Straßenrand, unzählige kleine Essens- und Verkaufsstände reihen sich aneinander und viele lustige und überfüllte Gefährte – Moped mit Beiwagen und Dach – stehen daneben. Bis zu unserem Hotel ist Stau: Autos, Mopeds, Menschen zu Fuß mit irgendwelchen Wägen – alle sind auf der Hauptstraße unterwegs. Wir sind belustigt und freuen uns über das Leben in den Straßen, aber nach 20 Minuten neben der Hauptstraße sind wir dann doch froh im Hotel anzukommen.
Am Abend fahren wir noch in das Stadtzentrum von Manila. Beim Verlassen der Flughafengegend verändert sich das Stadtbild schlagartig. In der Innenstadt reihen sich gigantische Wohn- und Bürogebäude aneinander, immer wieder getrennt durch einen kleineren Park. Alles verläuft geregelt – man hält sich sogar an Ampeln. Wir sind fast überfordert mit dem schlagartigem Wechsel, finden uns allerdings doch noch ein Restaurant, in dem wir uns nicht völlig underdressed fühlen und verbringen dort einen gemütlichen Abend.
Von Manila aus fliegen wir weitere zwei Stunden Richtung Süden nach Dumaguete. Dort verbringen wir – eher mäßig begeistert – noch zwei Tage in einem Party Hostel. Glücklicherweise beschränkt sich die Partystimmung auf die Mitarbeiter und hat damit ein frühes Ende. Trotzdem schwören wir uns – mal wieder – nie mehr in ein Hostel zu gehen.
Von Dumaguete aus fahren wir mit einer kleinen Fähre auf die Nachbarinsel Cebu. Per Bus geht es vom Fährhafen über holprige Straßen nach Oslob. Dort helfen wir in den nächsten drei Wochen ein Outdoor Gym bei einem Hotel zu bauen.
Workaway Philippinen
In Oslob kommen wir am Granada Beach an, wo uns Mike und Lisa, die Besitzer des Resorts, herzlich Willkommen heißen. Die erste Nacht werden wir sogar noch in einem Hotel-Zimmer untergebracht. So nobel haben wir während der gesamten Reise noch nicht gewohnt.
Am nächsten Morgen, nach einem unglaublich guten Frühstück, werden wir zu unserer tatsächlichen Bleibe – einem riesigen Haus etwa fünf Minuten vom Hauptgebäude entfernt – gebracht. Sie nennen es das Cliffhouse. Dieses Haus ist beim letzten Taifun zerstört worden und danach immer wieder von verschiedenen Reisenden, die über Workaway zu Mike und Lisa gekommen sind, aufgebaut worden. Untergebracht werden wir dort in einem von zwei riesigen Schlafzimmern. Neben uns sind noch zwei weitere Reisende dort untergebracht. Naor und Danielle aus Israel sind bereits zwei Monate hier und haben als ihr letztes Projekt die gesamte Küche renoviert. Neben den beiden supernetten Israelis gibt es noch einen kleinen Hund, der mittlerweile zum Inventar des Hauses gehört. Paco wurde sterbenskrank gerettet und gesund gepflegt und lebt seitdem als kleines Sorgenkind von Lisa mit den Workawayern im Cliffhouse.
Während unserer ersten Tage in Oslob bringen wir unser Möglichstes auf, um das Entstehen des Outdoor-Fitnessstudios voranzutreiben. Zuerst Betonieren wir. Ähnlich wie in Thailand wird der Beton per Hand angerührt. Mit Schotter, Wasser und Zement – Mischverhältnis natürlich akkurat – Daumen mal Pi. So mischen wir bei 32°C Beton und fixieren die Fitness-Geräte im Boden.
Am nächsten Tag heißt es dann Bambus fällen. Die Filipinos benutzen dazu traditionell eine Machete. Wir haben allerdings mit einer Handsäge schon zu kämpfen, schaffen es allerdings etliche über fünf Meter hohe Bäume umzuschneiden. Das alles erledigen wir in den ersten Tagen. Wir merken ziemlich schnell, dass wir für philippinische Verhältnisse viel zu schnell arbeiten.
Gegen Ende der ersten Woche werden unsere Vorräte knapp und wir wagen uns mit dem Bus in die Stadt zum Einkaufen. Dort gibt es eine große Mall. Schon der Hinweg gestaltet sich etwas mühsam, da wir zunächst eine Stunde auf den Bus warten, denn Busfahrpläne gibt es keine. Leider funktioniert unsere SIM-Karte nicht und daher versuchen wir unser Glück beim lokalen Technik-Spezialisten. Dieser versteht allerdings erst nach einer halben Stunde rumprobieren was eigentlich unser Problem ist, kann uns aber dann nicht weiter helfen. Danach – ohne SIM – geht es in den Supermarkt. Wir finden uns rasch zurecht und der Einkaufswagen ist nach kurzer Zeit gefüllt.
An der Kasse verbringen wir dann erneut eine gefühlte Ewigkeit. Es gibt jeweils einen Kassier und jemand zweites zum Einpacken der Lebensmittel. Beide arbeiten in Zeitlupe. Wir fragen uns wie langsam normalerweise die Kunden sind, dass hier zwei Mitarbeiter benötigt werden. Bezahlen mit Karte, nur ungern, aber mit Pass und einer Menge Zeitaufwand ist auch das möglich. Als wir dann nach Hause fahren wollen, warten wir natürlich wieder eine halbe Stunde auf den nächsten Bus. Als dieser dann kommt und wir einsteigen, macht der Busfahrer dann erstmal Mittagspause. Der ganze Rückweg mit Käse und Frischkäse im Gepäck bei 30°C dauert eindeutig zu lange. Allerdings wagen wir uns garnicht zu hinterfragen, wie denn die Kühlkette im Allgemeinen aussieht und wir essen beides sofort auf.
Am nächsten Tag lackieren wir den mühevoll gefällten Bambus in der Nähe unseres Cliff-Hauses, auch Paco ist mit uns draußen. Lorenzo, einer der beiden Hausmeister kommt ums Eck, grüßt und verschwindet sogleich wieder aus unserem Blickfeld. Plötzlich hören wir aus einem der Bäume ein „Paco Paco Paco“. Wir wundern uns und sehen Lorenzo am Gipfel eines Baumes beim Blätter pflücken. Ohne Leiter ist er einfach auf einen hohen Baum neben dem Haus spaziert. In ihm scheint ein richtiger Affe verloren gegangen zu sein.
Dass auf den Philippinen die Uhren anders ticken, merken wir erneut als Mike das schon vor langem bestellte Holz abholen will. Dazu fährt er mit dem Auto zum nächsten Händler. Das erste Mal beim Händler ist kein Holz da. Beim zweiten Besuch ist die Hälfte des Holzes da, und er nimmt es mit. Beim dritten Besuch kann er dann alles mitnehmen, will aber gern noch etwas mehr kaufen. Allerdings kennt keiner den Preis und der Chef ist auf unbestimmte Zeit in der Mittagspause. Nach einem erneuten fünften Versuch weiß Mike dann endlich den Preis für das weitere Holz, das er dann natürlich erst beim sechsten Besuch des Händlers abholen kann. Dieses Spiel wird auch beim Kauf eines Netzes wiederholt.
Als wir die Fitnessgeräte mit Epoxy und Farbe vor Rost schützen sollen, bringt uns Mike zuerst die Farbe. Am nächsten Tag dann das Epoxy und am dritten Tag schließlich Pinsel zum Streichen. Die einzelnen Bereiche des Outdoor-Fitnessstudios sollen mit Kies befüllt werden, aber auch das klingt einfacher als es ist: Der benötigte Kies kann nicht sofort geliefert werden, da der LKW, der für die Lieferung verwendet wird, nicht angemeldet ist. Mike erzählt uns, dass der Kies wahrscheinlich um 5:30 morgens geliefert wird, um den Polizeikontrollen zu entgehen.
In der zweiten Woche reden wir zufällig mit Lisa übers Freediven und dass wir das unbedingt ausprobieren wollen. Sie erzählt uns, dass sie jemanden kennt der uns mitnehmen könnte. Zwei Tage später gehen wir dann mit Ludwig und Irish tauchen. Sie erklären uns alles über Freediving und wir sehen unglaublich viele Schildkröten, Korallen und Fische. Irish liebt es, Videos unter Wasser zu filmen – deshalb gibt es auch von uns jeweils Tauchvideos, die HIER und HIER zu finden sind. Beim Smoothie danach laden Irish und Ludwig uns ein bald wieder gemeinsam tauchen zu gehen.
Am nächsten Abend organisiert Lisa für uns ein kleines Family-Dinner. Naor, Danielle, Lisa, Mike und wir finden uns am Abend an einem liebevoll gedeckten Tisch ein. Lisa schenkt uns Sekt ein und verwöhnt uns mit selbstgemachtem Hummus, Ciabiatta und Frühlingsrollen. Danach bestellen wir noch Á la carte, inklusive Nachspeisen und Bier. So nobel werden wir auf unserer Reise wahrscheinlich nicht mehr essen.
Am nächsten Tag fahren wir mit Lisa erneut zu Gaisano, dem Einkaufszentrum. Als wir nach erneutem langem Warten an der Kasse das Geschäft verlassen, müssen wir Lisa helfen den vollen Einkaufswagen über zwei Stufen auf den Parkplatz zu tragen. Eine Rampe gibt es nur mit sehr langem Umweg.
Paco, unser treuer Cliffhouse-Hund, hat während unseres Aufenthalts leider immer größere kahle Flecken im Fell. Lisa bringt ihn deshalb gleich am Anfang zum Tierarzt. Danach kommt Paco mit allerlei Medikamenten heim. Eine Woche später und ohne Besserung wird er beim Kontrolltermin dann erstmals wirklich auf Krankheiten getestet und bekommt dann die richtigen Medikamente. Laut Lisa war das leider nicht das erste Mal. Verrückt wie in Süd-Ost-Asien mit Tieren umgegangen wird.
Wir sprechen Naor und Danielle an einem gemeinsamen Abend auf die Lage in Israel an und sie erzählen uns ihre Geschichten. Einfach unglaublich, was die beiden in ihrem Leben schon mitmachen mussten, in einem Land wo permanent Krieg herrscht. Sie erzählen uns, dass sie in ihrer Schulzeit ein Jahr lang immer mit Gasmasken in die Schule gehen mussten – aus Angst vor Gasangriffen – und damit auch regelmäßig üben mussten. Sie durften als Kinder außerdem nie in einen Bus einsteigen – auch da war die Terrorgefahr zu groß.
Der Krieg in Israel dauert schon Jahre an und hat mit den Geschehnissen vor gut einem Jahr ein neues Ausmaß erreicht. In den letzten Jahren und bis heute sehen sie auf ihren Social-Media-Kanälen immer wieder Posts von Freunden und Bekannten, die Menschen vermissen oder Todesanzeigen veröffentlichen. Sie erzählen uns, dass die Lage momentan in Tel Aviv – wo die beiden eigentlich gewohnt haben – extrem gefährlich ist und ständig der Bombenalarm zu hören ist. Wir lauschen ihren Erzählungen mit Gänsehaut. Es ist unfassbar, wie viel die beiden mitbekommen, gesehen und erlebt haben und wie fröhlich und offen sie trotzdem sind – mit Sicherheit nicht leicht, aber wahnsinnig inspirierend.
An unseren letzten Tagen treffen Flo und Mira – Freunde von zu Hause, die wir schon in Kuala Lumpur getroffen haben – in Oslob ein. Die beiden werden in den kommenden Wochen das Workaway übernehmen und auf Paco aufpassen. Wir verbringen mit den beiden noch zwei gemütliche letzte Arbeitstage und zeigen ihnen, was wir so gemacht haben und wo sie weiterarbeiten können.
Nachdem wir drei Wochen auf der Insel Cebu bei Lisa und Mike verbracht haben, machen wir uns auf den Weg, um zumindest eine weitere der über 7000 Inseln der Philippinen zu erkunden. Nach einer kurzen Busfahrt, zwei Fähren und einer Tricycle-Fahrt (ein Moped mit Beiwagen und Dach) erreichen wir die kleine Insel Siquijor. Dort leihen wir uns ein Moped aus und erkunden die Insel. Wir genießen es so richtig zwei Tage lang nichts zu tun außer uns zu sonnen und von Lokal zu Lokal treiben zu lassen. Pünktlich zum Wetterumschwung machen wir uns dann wieder auf nach Manila, von wo aus wir dann zu unserer nächsten Destination fliegen.